Jörg Immendorff (1945 – 2007)

Jörg Immendorff war ein deutscher Maler, Grafiker und Bildhauer. Er zählt zu den bedeutendsten deutschen Künstlern der Gegenwart mit weltweiter Anerkennung.

Das Leben und Werk des Künstlers Jörg Immendorff

Am 14. Juni 1945 wurde Jörg Immendorff in Bleckede bei Lüneburg geboren. Seine Kindheit wurde überschattet von der Trennung seiner Eltern, bei der er gerade elf Jahre alt war und die ihn stark prägte. Zu sei­ner Mut­ter hat­te er zeit­le­bens ein sehr en­ges Ver­hält­nis, wäh­rend das Ver­hält­nis zum Va­ter dis­tan­ziert blieb. Den­noch war des­sen Selbst­mord 1974 für Im­men­dorff er­neut trau­ma­ti­sie­rend. Im Jahr 1963 studierte Immendorff zunächst Bühnenbild an der Kunstakademie Düsseldorf unter Teo Otto. Ab 1964 wechselte er jedoch zur Kunst in die Klasse von Joseph Beuys. Es war auch Beuys, der Im­men­dorff im Au­gust 1965 zu des­sen ers­ter Ein­zel­aus­stel­lung bei der re­nom­mier­ten Ga­le­rie von Al­fred Schme­la (1918-1980) in Düs­sel­dorf ver­half.

 

Ge­mein­sam mit seiner Ehefrau Chris Rei­ne­cke (ge­bo­ren 1936) ent­wi­ckel­te Im­men­dorff „Lid­l“, ein Kunst­pro­jekt, das Ele­men­te von „Kon­zept-Kunst“, „Ak­ti­ons-Kunst“ so­wie des „Neo-Da­da“ auf­weist­. Sie wa­ren sich 1964 an der Kunst­aka­de­mie be­geg­net und hei­ra­te­ten 1965. „Lid­l“ ver­stan­den sie als „Platt­form für die Ar­beit und die Zu­sam­men­ar­beit der wah­ren Kräf­te in Kunst und Po­li­ti­k“ (Lidl Ma­ni­fest). Immendorff sorgte bei seiner ersten „Lidl“-Kunstaktion für großes Aufsehen, indem er sich einen schwarz-rot-goldenen Klotz ans Bein band und damit bis zum Einschreiten der Polizei vor dem Bundestag auf und ab lief. Seine provokanten neodadaistischen Aktionen führten 1969 schließlich zu einem Verweis von der Akademie. Jörg Immendorff trat in die KPD ein und engagierte sich für deren politische Ziele, zum Beispiel durch die Gestaltung von Flugblättern. Seinen Lebensunterhalt bestritt der Künstler in diesen Jahren als Hauptschullehrer.

 

Bereits als junger Künstler wird Jörg Immendorf in den Jahren 1972 und 1982 zur Teilnahme an der documenta in Kassel eingeladen. Immendorff nimmt auch an der Biennale in Venedig in 1976 teil. Dort verteilte er einen Redetext, in dem er für internationalen Künstleraustausch und gegen das antidemokratische System in der DDR protestierte.

„Café Deutschland“ – Der Durchbruch Jörg Immendorffs

In den 70er Jahren entwickelte der Künstler Jörg Immendorff eine betont gegenstandsbezogene Formensprache mit symbolischen, kunsthistorischen und politischen Anspielungen. „Jedes Immendorff-Bild ist die kritische Darstellung einer kulturpolitischen Situation“, schreibt Lorand Hegyi über den Künstler, dessen Bilder heute zum Bestand der bedeutendsten Museen der Welt gehören.

 

Durch die Freundschaft mit dem 1976 noch in der DDR lebenden Maler  A.R. Penck (eigentlich Ralf Winkler) entwickelte der Maler und Bildhauer Jörg Immendorff eine Historienmalerei, die das Thema der deutschen Teilung reflektiert und kritisch betrachtet. In diesem Jahr begann er die Serie der sechzehn großformatigen Bilder „Café Deutschland“. Die figurenreichen Szenen spielen sich auf einem bühnenartigen Raum ab und wurden von Renato Guttusos „Caffè greco“ inspiriert. Als Vorbild für die Räume in den „Café Deutschland“-Bildern diente die Düsseldorfer Diskothek „Revolution“, deren fiktive politische und kulturelle Gäste den damaligen Ost-West-Konflikt symbolisieren.

 

Mit den „Ca­fé Deutsch­lan­d“-Ge­mäl­den und der gleich­na­mi­gen Aus­stel­lung im März 1982 in der Kunst­hal­le Düs­sel­dorf er­fuhr Jörg Im­men­dorff sei­nen Durch­bruch auf dem Kunst­markt. In der Fol­ge stell­te er in re­nom­mier­ten Ga­le­ri­en und Mu­se­en in vie­len Län­dern der Welt so­wie bei ver­schie­de­nen wich­ti­gen in­ter­na­tio­na­len Kunst-Events aus.

 

Eine viel beachtete Ausstellung war 2001 die Ausstellung in St. Petersburg und die Ausstellung 2002 in China. Ausstellungen erfolgten des Weiteren 2018 in der Rathaus Galerie Balingen und 2014 in der National Galerie Berlin. 2006 erhielt er den Bambi Kunst sowie den Goslarer Kaiserring.

 

Eine der letzten Arbeiten Immendorffs war ein Kanzlerportrait von Gerhard Schröder. Es hängt bis heute im Kanzleramt. Außerdem illustrierte Immendorff die BILD-Bibel, die deren Chefredakteur Kai Diekmann 2006 auf der Leipziger Buchmesse präsentierte. Immendorffs Gemälde „Verwegenheit stiften“ hängt seit vielen Jahren im Büro von Wolfgang Schäuble.

Der Kampf gegen eine tödliche Krankheit verändert Immendorffs Werk

1997 er­fuhr Im­men­dorff, dass er an ALS (amyotrophe Lateralsklerose), einer tödlichen Nervenkrankheit er­krankt war. Die­se Ner­ven­krank­heit be­fällt die Mus­ku­la­tur der Glied­ma­ßen, die nach und nach ih­re Funk­ti­on ver­lie­ren. In Aus­ein­an­der­set­zung mit sei­ner Krank­heit sowie be­dingt durch zu­neh­men­de kör­per­li­che Ein­schrän­kun­gen än­der­te Im­men­dorff sei­nen Mal­stil. Die zu­vor mit sat­ten Far­ben und kraft­vol­lem Strich ge­mal­ten, über­vol­len Mo­ti­ve, wi­chen fra­gi­len Stri­chen und pas­tell­far­be­nen, ent­leer­ten Bild­räu­men. Sei­ne The­men wur­den Ver­gäng­lich­keit und Tod, oft­mals in In­ter­pre­ta­ti­on von Bil­dern der Re­nais­sance­ma­le­rei.

 

Am 28. Mai 2007 starb Jörg Im­men­dorff in­fol­ge ei­nes durch die Krank­heit ver­ur­sach­ten Herz­still­standes.